Zelttour Val Bavona 2019

19. September 2019

Einleitung

Kuschlige Daunenjacke, Morgensonne, Stille und Bergpanorama – das Geheimrezept für Entspannung und Abstand zum Alltag. Wie es dazu kam und was wir sonst noch so auf unserer Zelttour im Val Bavona in den Schweizer Alpen erlebt haben erfährst du gleich.

Länge der Tour: 4 Tage | Datum: 19.-22.09.2019 | Art der Tour: Rundwanderung | Übernachtung: Zelt | Gelände: Alpin | Ort: Foroglio, Tessin, Schweiz | Bergspitzen: Pizzo Bièla (Wandfluhhorn; 2.863 m), Basodino (3.273 m)

Steinhaus in Foroglio im Val Bavona mit einem Wasserfall im Hintergrund
Uriges Bergdorf

Tag 1

3:30 Uhr in Nierstein. Mit guter Stimmung aber einigem Gähnen packten wir unsere Rucksäcke in den VW Bus und machten uns auf den Weg in die Schweiz. Nach knapp sieben Stunden Fahrt erreichten wir dann unseren Zielort: Foroglio, ein kleines Kaff nahe der italienischen Grenze. Direkt nachdem wir aus dem Bus rausgefallen waren, fiel uns der imposante Wasserfall ins Auge, der hinter dem Dorf über die Felswand stürzt und an dessen Seite wir gleich den Aufstieg beginnen sollten. Zuerst jedoch führte uns der Weg durch das urige Bergdorf mit seinen klassischen Hütten. Über Treppen erreichten wir dann den höchsten Punkt des Wasserfalls und damit den Eingang ins Val Calnegia, was wir heute durchqueren sollten.

Das Wasser hat sich dort oben einen tollen Weg durch den Fels gesucht und stürzt in kleinen Sturzbächen hinab, bevor es dann als größerer Wasserfall ins Tal fällt. Der Weg schlängelt sich sanft ansteigend durch das Tal an zwei weiteren kleinen Dörfern vorbei, die nur saisonal bewohnt sind. Vor allem im ersten Dorf befindet sich eine ikonische Steinbrücke, die man auch auf einigen Bildern findet, wenn man nach Foroglio googelt.

Steinbrücke im Val Bavona über einen Fluss mit Bergen im Hintergrund
Wahrzeichen von Foroglio

Gegen Ende des Tals gelangt man an eine weitere Brücke, nach der der Weg nach oben beginnt. Unser Ziel für den Tag lag auf etwa 1.700 Meter, wo sich eine Freifläche wenige 100 Meter unterhalb der beiden Seen Laghi della Crossa befindet. Während unseres Aufstiegs verschwand die Sonne zunehmend und wir stiegen immer stärker in Nebel auf. Als wir das Plateau schließlich erreicht hatten, entdeckten wir mehrere Steinhütten, die ebenfalls nicht bewohnt waren. Auf der Suche nach einem geeigneten Zeltplatz stellten wir jedoch fest, dass der Boden nahezu überall aufgeweicht war. Mit dem Mute der Verzweiflung (okay, etwas zu dramatisch ;)) versuchten wir unser Glück an den Türen der Hütten – und siehe da, eine der beiden Hütten war tatsächlich nicht verschlossen. Und nicht nur das, unsere Glückssträhne ging noch weiter. Die Hütte hatte einen Ofen, einen Tisch mit zwei Bänken und ausreichend Schlafplatz auf Holzplatten unter dem Giebel. Nach dem anstrengenden Aufstieg und der etwas ernüchternden Erkenntnis, dass es keinen schönen Zeltplatz geben würde, konnten wir unser Glück kaum fassen und machten uns zufrieden auf die Suche nach Feuerholz, da die Temperaturen schon merklich gefallen waren.

Steile Felswände mit Bäumen obendrauf
Steile Felswände
Bäume geben zwischen den Blättern den Blick ins Val Bavona frei
Blick zurück ins Val Bavona
Mann mit Hut steht vor einer Steinhütte
Unser Behausung für die Nacht

Die Suche nach Feuerholz dauerte bei den nasskalten und nebligen Bedingungen, aber im Waldstück unweit der Hütten lies sich dann doch ausreichend Reisig für den Abend finden. Wir beschlossen den Tag mit einem gemütlichen Abendessen bei Kerzenschein und einem wärmenden Feuer im Ofen, bevor wir uns in unsere Schlafsäcke verkrochen. 

Zwei Wanderer essen Nudeln aus einem Topf in einer Steinhütte bei Kerzenlicht
Abendessen in der Hütte

Tag 2

Nach einer sehr bequemen und vor allem trockenen Nacht auf dem Holzboden der Hütte ging es für uns weiter in Richtung der Laghi della Crossa. Nachdem am Ende des ersten Tages die ersten Heidelbeersträucher am Wegesrand auftauchten, begleiteten sie uns am zweiten Tag fast die ganze Strecke. Neben kleinen Portionen unterwegs haben wir fleißig für das nächste Frühstück gesammelt. Die Heidelbeeren sollten jedoch nicht die einzige Zutat für unser Essen aus der Natur sein. Am Wegrand fanden sich auch einige Wacholderbeerensträucher, an denen wir einige Wacholderbeeren fürs Abendessen pflückten.

Christopher Püschel in Regenjacke
Morgenlicht
Zwei Wanderer laufen durch den Nebel im Val Bavona
Durch den Nebel

Leider begleitete uns der Nebel weiterhin auf unserem Weg. Als wir in der Nähe des ersten Sees ankamen, versteckte dieser sich, bis wir nur noch zwei Meter vom Ufer entfernt waren. Hatten wir hier eigentlich eine längere Pause eingeplant, machten wir uns ob des bescheidenen Wetters weiter in Richtung unseres zweiten Zeltplatzes. Wir hatten dafür bei unserer Recherche auf Google Earth einen See ausgesucht, der kurz unterhalb des Passes Bochetta della Cròsa liegen sollte. Mit den Seen ist das im Sommer ja immer so eine Sache und Google Earth gibt dir ja leider keine Garantien, dass der See dann noch da ist – und damit auch die nötige Versorgung mit Wasser. Über Geröllfelder und entlang eines Kessels ging es immer weiter hinauf. Mit jedem Schritt nach oben gelangten wir glücklicherweise auch immer weiter aus dem Nebel. Kurz vor unserem Ziel verließen wir das Nebelgebiet dann schließlich und die Sonne zeigte sich von ihrer besten Seite. 

Wanderer steht zwischen Felsen an einem See
Im Nebel verschwunden
Wanderer steht in verblocktem Gelände
Blick Richtung Gipfel
Bergpanorama bei strahlendem Sonnenschein über den Wolken
Über den Wolken

Zum ersten Mal seit knapp 24 Stunden konnten wir wieder mehr von der Landschaft erkennen und uns orientieren. Beim Blick zurück konnten wir anhand der Spitzen, die aus dem Nebel ragten, auch unsere bisherigen Weg erahnen. Kurze Zeit später erreichen wir unseren zweiten Zeltplatz, unweit des Sees der letztlich sogar größer als vermutet war. Mit den letzten Strahlen der Sonne bauten wir das Zelt auf und nutzten die restliche Wärme des Tages noch für ein erfrischendes Bad. Zum Abendessen stand dann Couscous mit Wacholderbeeren auf dem Speiseplan. Nur blöd, dass keiner von uns wusste wie viele der Beeren man bedenkenlos ins Essen machen kann. Wir entschieden uns dann für 15-20 Stück und hofften, dass der nächste Tag keine böse Überraschung für uns bereithielt.

Wolken fließen zwischen Bergspitzen im Val Bavona
Ein Meer aus Wolken
Panorama einer Berglandschaft mit Wolken zwischen den Bergspitze
Zweigeteilt
Wanderer steht vor Zelt und blickt auf die Berge
Sonnenuntergang

Der ging wolkenlos zu Ende und versprach damit eine Nacht unter wolkenfreien Himmel. Das Wetter blieb uns gewogen und so konnten wir auch ein paar Bilder der Milchstraße machen, bevor es in den warmen Schlafsack ging.

Beleuchtetes Zelt vor Bergkulisse
Zelt bei Nacht
Wanderer mit leuchtet mit Stirnlampe die Milchstraße an
Sternsucher

Tag 3

Nachdem die letzten Touren oftmals sehr anstrengend waren, hatten wir die Tour dieses Mal entspannter geplant. Das zahlte sich an diesem Morgen voll aus. Sobald die Sonne unser Plateau erreichte, holten wir die Isomatten aus dem Zelt und genossen die wärmenden Sonnenstrahlen und die Stille der Natur.

Sonnenaufgang in den Bergen
Sonnenaufgang
Felshang wird am Morgen von der Sonne beleuchtet
Warmes Sonnenlicht
Spiegelung eines Bergs in einem Bergsee mit Gipfel im Hintergrund
Spiegelung
Wanderer liegt auf seiner Isomatte neben seinem Zelt in der Sonne
Sonnenbaden in den Alpen

Nach einem mit frischen Heidelbeeren gepimpten Frühstück ging es über eine Mischung aus Geröll und steile, enge Pfade den Hang hinauf zum Sattel, der uns ins nächste Tal führen sollte. Von oben bot sich ein toller Blick hinab auf die Laghetti d’Antabia. Über stahlseilversicherte Passagen ging es dann den Hang mit ähnlicher Steigung wieder hinab. Am See angekommen genossen wir die Sonne und das kühle Wasser bei einem kleinen Snack.

Christopher Püschel steigt einen steilen felsigen Hang hinab
Steiler Abstieg
Bergpanorama im Val Bavona
Bergkette
Karge Berghänge und Steinblöcke
Schroffes Gelände

Hinter dem See ging es dann wieder in sanftem Zick-Zack den Hang nach (Nord-)Osten hinauf, auf dem Weg zurück ins Val Bavona nach Foroglio. Nachdem wir auf der anderen Seite ankamen, öffnete sich ein atemberaubendes Panorama. Die grauen Steilwände des Pizzo Castello, des Pizzo d’Oglie und den umliegenden Gipfeln zeigten sich majestätisch auf der anderen Seite des Tals, während wir durch rot-braunes, fjällartiges Gelände ins Tal gingen. Bedingt durch unseren gemütlichen Start in den Tag, bei dem wir lange die aufgehende Sonne genossen, hatten wir noch 1.300 Höhenmeter Abstieg vor uns, als wir an eine weitere Hütte gelangten. Diese war zwar nicht offen, hatte aber einen gepflasterten Außenbereich mit offener Feuerstelle, einer Sitzgarnitur und Wasserversorgung. Kurzerhand entschlossen wir uns, dort unser Zelt aufzustellen und den Tag gediegen zu beenden. Wilde Himbeeren in der Nähe unseres Schlafplatzes rundeten diesen traumhaften Zeltplatz ab. Mit einigen Geschichten, viel Blödelei und einer Menge Feuer ließen wir den Tag ausklingen. 

Zwei Wanderer laufen durch fjällähnliches Gelände mit kleinen Bäumen
Fjäll
Fotograf mit großem Rucksack fotografiert Bergkette im Hintergrund
Unglaubliches Panorama
Zelt im Gras bei strahlendem Sonnenschein
Zeltplatz deluxe
Christopher Püschel trägt Holz durch eine Wiese mit Tannen und Bergen im Hintergrund
Ein Hauch von Nordamerika
Panorama einer Berglandschaft
Bergidyll
Bergkette mit weißem Gestein und vereinzeltem Baumbewuchs
Karg und Grün zugleich
Bergkette im magentafarbenen Abendlicht
Farben der untergehenden Sonne

Tag 4

Der letzte Tag verweigerte uns einen Sonnenaufgang und begrüßte uns schon sehr bald nasskalt mit Nebel. Wir packten unsere Sachen zügig ein und machten uns auf den Weg. Innerhalb kurzer Zeit erreichten wir die Baumgrenze und entkamen damit dem frisch einsetzenden Regen. Wie bei so vielen Abstiegen ging es in vielen Serpentinen hinab, nur stellenweise durch kleinere Dörfer oder offene Lichtungen unterbrochen. Ein Highlight der ganzen Strecke ergab sich dann jedoch noch kurz vor Ende. Plötzlich verschwanden die Bäume zur Talseite und gaben den Blick auf das Val Bavona mit seinen nebel- und wolkenverhangenen Bergen frei. Ein spektakulärer Anblick und würdiger Schlusspunkt für eine tolle Tour durch abgelegenes Gelände und tolle Natur.

Schüssel mit Früchtemüsli
Früchtemüsli deluxe
Wolkenverhangene Bergkuppe
Mystische Landschaft
Blick ins Val Bavona mit Bäumen und Berghängen
Val Bavona

Equipment

Die Tour war der erste große Härtetest für eine Kleidungskombination, wie ich sie bei den Kiwis in Neuseeland kennengelernt habe. Dort trugen fast alle Männer beim Trekking mehr oder weniger enge Tights mit kurzen Hosen. Damals habe ich mich mit den Vorteilen davon nicht groß auseinandergesetzt. Auf den letzten Touren hatte ich jedoch immer wieder das Problem, dass die Hosen entweder nicht wasserdicht oder zu warm oder beides waren. Auf einer Tour letztes Jahr hatte ein Bekannter dann genau diese Kombination aus Compression Tight und kurzer Hose an und schwärmte von den Vorteilen – wenig Gewicht, perfekter Feuchtigkeitstransport, aber trotzdem nicht zu wenig Wärme und schnelle Trocknung der Compression Tight, wenn sie nass ist. Das wollte ich auch testen und stellte zu meinem Erstaunen fest, dass es auch eine kostengünstige Variante ist. 

Meine Under Armour Heatgear Compression Tight kostete gerade mal 30 Euro und als kurze Hose habe ich eine x-beliebige Sporthose mit Taschen genommen, die ich zu Hause hatte. Für den Fall, dass es mal stark regnen sollte, hatte ich eine Regenhose eingepackt, die – im Gegensatz zu meinen sonstigen Hosen – sehr gut über die Compression Tight und die kurze Hose passt, da diese beiden eng sitzen. Auf der Tour stellte sich die Kombination als grandios heraus. Die Compression Tight transportiert durch ihren engen Sitz den Schweiß sehr schnell nach außen, sodass kaum ein nasses Gefühl auf der Haut entsteht – ganz im Gegensatz zu meinen sonstigen Hosen, in denen der Schweiß nicht so schnell nach außen transportiert wird, da diese zwar atmungsaktiv sind, aber weniger eng sitzen. Ein weiterer Vorteil des Schweißtransports ist es, dass die Flüssigkeit außen auf der Compression Tight bei leichtem Wind einen kühlenden Effekt hat. Gerade bei sonnigem Wetter ein toller Nebeneffekt, der sonst nur durch viel wechseln der Kleidung erreicht werden kann (z. B. Hosenbeine bei meiner Fjällraven Karl an- und abzippen). Wenn das Wetter sich dann von seiner weniger sonnigen Seite zeigt, spendet die Compression Tight ausreichend Wärme, solange man sich bewegt. Über Nacht wurde die Compression Tight dann auch immer angenehm trocken.

Damit kommen wir dann aber auch direkt zum (vermeintlichen) Nachteil: Die Tight ist bei mir am Ende des Tages meist gut durchgeschwitzt. Ich kann mir vorstellen, dass es bei feuchtkaltem Wetter nicht immer gelingt, die Compression Tight zu trocknen. Das ist dann für den Einstieg am nächsten Tag mit Sicherheit nicht so schön. Bisher ist dieser Kelch aber glücklicherweise an mir vorüber gegangen und ich werde die Compression Tight weiter fleißig einsetzen. Wer das Problem kennt, dass die Hosen immer entweder zu warm sind oder man dauernd die Hose wechseln könnte und dazu noch auf Lösungen mit wenig Gewicht steht, dem kann ich die Kombination aus Compression Tight und kurzer Hose sehr ans Herz legen. Praktischer Bonus: Ständiges eincremen mit Sonnencreme und eventueller Sonnenbrand an den Beinen ist damit auch passé.

Fazit

Als ich mir die Bilder der Tour im Nachgang angesehen habe, habe ich direkt wieder Lust bekommen dort hinzufahren. Sagt das nicht schon alles? Die Abgeschiedenheit und die Stille sind absolut top, das Gelände jedoch sehr felsig und verlockt – zumindest in den hochalpinen Teilen. Das sollte man mögen. Dann kann man im Val Bavona eine wunderbare Zeit verbringen.