Verwallrunde 2020

1. August 2020

Darmstädter Hütte, irgendwo im Verwall. Kurz nach unserer Bestellung kam der Hüttenwirt mit den ersten beiden großen Tellern zurück in den Schankraum. Sahen die zwei Speckknödel auf den ersten Blick noch ganz normal aus, stellte sich die Geschmacksexplosion in meinem Mund mit dem ersten Bissen ein. Die Kombination aus Butter, Parmesan und saftigen, würzigen Tiroler Speckknödeln war ein absoluter Traum. Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu essen. Dieses grandiose Essen sollte aber nicht das einzige Highlight unserer 2-Tagestour auf der Verwallrunde sein.

Länge der Tour: 2 Tage | Datum: 01.-02.08.2020 | Art der Tour: Roundtour | Übernachtung: Hütte | Gelände: Alpin | Ort: Sankt Anton am Arlberg, Tirol, Österreich | Bergspitzen: Patteriol (3.056 m), Scheibler (2.978 m)

Verwallsee von Bäumen eingerahmt auf der Verwallrunde
Verwallsee

Sankt Anton am Arlberg – Konstanzer Hütte

Los ging es wie so oft mit einer langen Autofahrt mitten in der Nacht von Nackenheim nach Sankt Anton im Arlberg. Als wir gegen Vormittag am Wanderparkplatz ausstiegen, begrüßte uns schon strahlender Sonnenschein. Das sollte sich für den größten Teil des Tages auch nicht mehr ändern – aber mehr dazu gleich. Das Ziel unserer heutigen Tagesetappe auf der Verwallrunde war die Konstanzer Hütte. Aufgrund der langen Anfahrt und aus der Erfahrung der letzten Jahre hatten wir eine kurze Tagesetappe gewählt. Die Strecke schlängelt sich zwischen Waldstücken, einem See und einem kleinen Flusslauf entlang gemütlich in eines der Täler hinein. Bedingt durch das flache Streckenprofil und die überschaubare Distanz ist die Strecke eine beliebte Tagestour. Uns begegneten sehr viele Familien, Wanderer und E-Bike-Fahrer jeden Alters. Die Etappe ist definitiv nichts für Leute, die einsame Wanderwege mögen.

Fasulbach eingerahmt von Tannen auf der Verwallrunde
Fasulbach
Wanderweg im Verwall neben einem Fluss mit Bergen im Hintergrund
Strahlender Sonnenschein
Fasulbach mit Steinen am Flussrand im Verwall
Fasulbach

Bei 30 Grad und Sonnenschein kamen wir dann nach knapp 3 Stunden gemütlichen Gehens an der Konstanzer Hütte an. Kurz vor unserer Ankunft kündigte ich meinen Freunden an, dass ich mich zur Abkühlung gleich in den Fluss legen werde. Ich wollte mich schon so oft in einem Bergsee/ -fluss abkühlen, aber am Ende war es fast immer dann doch eher kalt, windig, bewölkt oder regnerisch und alles zusammen. Nur ein Kaltgetränk sollte es werden. Gesagt, getan. Während wir im Außenbereich in der Sonne saßen und ich gerade mein Radler fertig getrunken hatte, schaute ich in den Himmel und traute meinen Augen nicht: Dunkle Wolken zogen auf und es zog sich zu. Ich war fassungslos. Da hatte ich mich die ganze Zeit auf die Abkühlung im Fluss gefreut und dann sowas. Wäre ich mal direkt zur Abkühlung gegangen, ohne Umwege und ohne über Los (Kaltgetränk) zu gehen 😉 Es kam dann auch wie es kommen musste. Kurze Zeit später begann der Regen, der auch eine ganze Zeit nicht aufhören sollte. Währenddessen kühlte es soweit ab, dass an Abkühlung im Fluss nicht mehr zu denken war. Nachdem der Regen aufgehört hatte, drehten wir noch eine kleine Runde in der Nähe der Hütte und genossen den sichtbaren Teil des Sonnenuntergangs. Ich war zwar immer noch fassungslos, dass ich schon wieder eine Abkühlung nach einer Wanderung in den Alpen verpasst hatte, aber man braucht ja schließlich Ziele im Leben 😉 

Patteriol und Kleiner Patteriol auf der Verwallrunde
(Kleiner) Patteriol
Alpenglühen auf der Verwallrunde bei Sankt Anton im Arlberg
Alpenglühen

Konstanzer Hütte – Darmstädter Hütte

Nach einem leckeren Frühstück ging es los in Richtung Darmstädter Hütte. Entgegen der leichten Wanderung des Vortags sollte es heute deutlich alpiner werden. Von der Konstanzer Hütte ging es zuerst noch ein wenig weiter in das östlichere der beiden Täler hinein, die an der Hütte zusammenlaufen. Nach einer guten Dreiviertelstunde ging es dann richtig los und unser Aufstieg zum Kuchenjöchli begann. Dabei hatten wir immer wieder einen tollen Blick auf den Patteriol und den kleinen Patteriol auf der anderen Hangseite. Der Aufstieg ist sehr empfehlenswert: das Terrain ist abwechslungsreich (Wiese, Geröll), die Steigung ist ein guter Mix aus steileren und leichteren Passagen und der Ausblick ist wie erwähnt auch sehr schön. Ach ja, das Wetter spielte natürlich auch noch mit. Im Geröllfeld kurz vorm Kuchenjöchli hatten wir noch Besuch von Steinböcken, die uns vergleichsweise nah kommen ließen. Zufrieden und gut gelaunt kamen wir letztlich am Pass an und machten dort eine größere Rast – zumindest manche von uns. Thomas und ich machten uns noch auf den Weg zum Scheibler hinauf, da nur ein kurzer Aufstieg von 30 Minuten dafür nötig ist. Kurz bevor wir am Gipfel ankamen, verschlechterte sich das Wetter jedoch immer mehr. Dicke, dunkle Wolken zogen auf und da der Aufstieg etwas kraxeln und einige exponierte Stellen beinhaltete, blieben wir nur kurz oben und machten uns wieder an den Abstieg. Beim Abstieg setzte dann auch stärkerer Wind ein, sodass wir den Rest unserer Mittagspause hinter großen Steinen kauernd am Kuchenjöchli verbrachten.

Entwurzelter Baum und Blick in ein Tal mit schroffen Berghängen
Entwurzelter Baum
Blick ins Tal Richtung Schottensee
Blick ins Tal Richtung Schottensee
Schroffer Berghang des Patteriol
Patteriol
Alpensalamander bei der Paarung
Alpensalamander bei der Paarung

Eine lustige Geschichte gibt es jedoch noch zu erzählen: Zwei junge Frauen machten mit uns zusammen Mittagspause am Kuchenjöchli. Eine von ihnen hatte tatsächlich eine ganze Gurke für die Mittagspause (neben einem Laib Brot) mitgebracht. Wir, insbesondere die, die über die Jahre hinweg den Rucksack immer stärker reduziert haben, waren von der kühnen Idee sichtlich irritiert. Währenddessen erklärte sie uns vergnügt, wie grandios es sei, ein so erfrischendes Gemüse in der Mittagspause essen zu können. Ich war und bin mit meiner typischen Ausstattung aus Trockenwurst und Käse naturgemäß ob dieser Lobeshymne skeptisch, aber vermutlich liegt es noch mehr daran, dass ich Gurken wirklich kaum mag 😉

Wanderer fotografiert mit dem Handy Berge gegenüber dem Kuchenjöchli
Kuchenjöchli
Blick auf die Saumspitze vom Kuchenjöchli
Blick auf die Saumspitze
Spitze der Saumspitze zwischen tief hängenden Wolken
Altschneefelder und tief hängende Wolken

Nachdem wir das “Gurkenthema” ausführlich geklärt hatten, machten wir uns an den Abstieg hinab zur Darmstädter Hütte. Ab dem Kuchenjöchli nennt sich der direkte Weg zur Darmstädter Hütte Apothekerweg und dieser führte über seilversicherte Passagen und später auch Altschneefelder halbwegs anspruchsvoll hinab in den Talkessel, in dem die Darmstädter Hütte liegt. Gegen Nachmittag und nach wie vor mit dicken Wolken am Himmel erreichten wir die Hütte. Eigentlich hatten wir geplant hier zu übernachten und den Rest des Tages für eine Gipfelbesteigung zu nutzen. Aufgrund des mäßigen Wetters und der schlechten Prognose für den Rest des Tages und auch den morgigen Tag überlegten wir jedoch schon heute abzusteigen und einen Tag früher abzureisen, statt in der Hütte auf besseres Wetter zu warten. Eine Chance wollten wir dem Wetter aber noch geben und gönnten uns erstmal eine Stärkung in der Hütte. Laut der Karte sind verschiedene Knödelvarianten die Spezialität dieser Hütte. Also entschied ich mich für Tiroler Speckknödel geschwenkt in Butter mit Parmesan. Was dann geschah als die Teller auf dem Tisch standen und ich den ersten Bissen genossen hatte, habe ich oben ja schon beschrieben – und ich war mit meiner Reaktion nicht alleine. Wir waren durch die Bank begeistert. Nach dem Essen besprachen wir noch mit dem Wirt, inwieweit es Sinn machen würde heute abzusteigen. Leider bestätigte er unsere Prognose mit dem schlechten Wetter, sodass wir uns endgültig dazu entschieden ins Tal abzusteigen. Leider schmälerte das auch meine Chance an das Geheimrezept für die Speckknödel zu kommen. Diese wollte der Wirt nur zum Frühstück verraten, wenn wir auch über Nacht bleiben würden. So ein Ärgernis!

Zwei Wanderer steigen an Drahtseilen vom Kuchenjöchli ab
Abstieg vom Kuchenjöchli
Wanderer steigt an einem Drahtseil über schroffes Gelände ab
Ende des Abstiegs
Altschneefeld und schroffe Felsen im Verwall
Unwirtliches Gelände
Wanderer auf Alteschneefeld und Geröllfeld im Verwall
Skifahren im Sommer
Panorama der Darmstädter Hütte mit Wanderern und umgebenden Bergen
Darmstädter Hütte
Eingang der Darmstädter Hütte mit Fenstern und rot weißen Fensterläden
Klassische Alpenhütte

Ein wenig niedergeschlagen, da ich das Rezept nicht ergattern konnte, ging es dann gegen Nachmittag weiter für uns in Richtung Tal. Im ersten Abschnitt nach der Hütte konnten wir den geschotterten Forstweg hinab noch umgehen. Nach einer Stunde etwa erreichten wir dann jedoch einen großen Stausee. Von hier aus liefen wir dann fast nur noch über betonierte Straßen, sodass uns allen irgendwann die Füße wehtaten, zumal die Etappe des heutigen Tages durch den (ungeplanten) Abstieg ins Tal deutlich länger wurde als geplant. Im späten Nachmittag erreichten wir dann schließlich wieder Sankt Anton und machten uns auf den Heimweg – leider einmal mehr wieder einen Tag früher bedingt durch das schlechte Wetter. Nächstes Jahr wird bestimmt alles besser!

Faselfadspitze zwischen Wolken
Faselfadspitze
Bachlauf zwischen Steinen und Wiesen
Bachlauf
Zwei Wanderer steigen zum Kartellspeicher im Verwall ab
Abstieg zum Kartellspeicher
Faselfadspitze mit Wasserfällen vor dem Kartellspeicher
Faselfadspitze hinter dem Kartellspeicher
Zwei Wanderer auf einem Weg ins Tal zwischen grünen Berghängen
Letzte Meter ins Tal

Fazit

Liebes Verwall, ich komme wieder! Die kurze Tour hat definitiv Lust auf mehr gemacht. Zwei tolle Hütten, ein toller Aufstieg hinauf zum Kuchenjöchli und die Möglichkeit eine Rundtour für fünf bis sieben Tage zusammenstellen zu können bringen mich bestimmt noch mal ins Verwall – vielleicht ja schon nächstes oder übernächstes Jahr.