Sind wir in Schottland gelandet und ist es in Wahrheit Februar? Das habe ich mich als erstes gefragt, als wir im Juni in den Vogesen ankamen. Auf dem Weg dorthin sah bis Colmar noch alles gut aus. Als es aber dann nach oben in die Berge ging, wurde das Wetter immer schlechter. Kurz vor unserem Ziel, dem Gebiet um Col de la Schlucht (1.139 m, deutsch: Schluchtpass) und Le Hoheneck (1.363, deutsch: Hohneck), setzte der Regen dann richtig ein und ließ auch nicht mehr nach.
Ursprünglich geplant hatten wir zwei Tage in den Vogesen, einen Tag Wandern und Erkunden, den anderen Tag dann Gämsen fotografieren. Übernachen wollten wir im neuen Kombi meines Wanderpartners Matthias. Nach ein wenig Recherche im Vorfeld hatten wir Col de la Schlucht und den Sentier des Roches, sowie das Gebiet um den Le Hoheneck als aussichtsreiche Ziele für beide Aktivitäten ausgemacht. Das Problem war nur: Bei Regen wurde sehr stark vom Sentier des Roches abgeraten, da er als Klettersteig schon alpines Niveau (T4) erreicht und bei Nässe nicht ungefährlich ist.
Also standen wir nur sehr kurz auf dem Parkplatz in Col de la Schlucht und entschieden uns, weiter hinauf auf den Le Hoheneck zu fahren. Praktischerweise hatten wir uns noch eine zweite Tour im Vorhinein ausgesucht. Diese war zwar etwas kürzer und sollte weniger spektakulär sein, ging aber rund um den schön gelegenen Stausee mit dem wohlklingenden Namen Lac de Schiessrothried.
An Fotoausrüstung kam folgendes während der Tour zum Einsatz:
- Sartori EXP von F-Stop
- Peak Design Capture Clip Pro
- Fuji X-T1
- Fujinon XF 50-140mm 2.8
- Canon 100-400mm 4,5-5,6 L IS USM (adaptiert)
- Feisol Tournament Stativ CT-3442 Rapid (jetzt neuerdings mit Kratzern)
Inhaltsverzeichnis
Wanderung Vogesen – Tag 1
Nun also wieder zurück zum Anfang. Es war neblig, es nieselte leicht, es war windig… typisch Schottland eben. Aber wohl auch in den Vogesen. Wir haben uns dann aber nicht entmutigen lassen, uns rundum regenfest angezogen und sind losgezogen.
Die ersten Gämsen
Nachdem wir uns auf der Kuppe des Le Hoheneck ein wenig orientiert hatten, haben wir an einem Hang auch schon die ersten Gämsen im Nebel gesehen. Wir waren sofort fasziniert von diesen tollen Tieren und machten uns auf den Weg den Hang hinab in ihre Nähe. Dass das Terrain nicht ganz ungefährlich ist, habe ich dann schnell gemerkt, als ich mit Stativ, montiertem Objektiv und Telezoom in der Hand plötzlich zwei Meter an einem Felsen nach unten abgerutscht bin. Ein toller Start in die Tour, der glücklicherweise nur ein paar kleine Schrammen am Stativ hinterlassen hat. Die Aussicht auf Fotos von Gämsen machte den Sturz aber schnell vergessen und wir pirschten uns weiter an eine Gruppe von ca. 10-15 Tieren heran.
Um die Tiere nicht zu stören, näherten wir uns nur sehr bedächtig. Es zeigte sich aber schnell, dass die Gämsen hier sehr stark an Menschen gewöhnt sind, da sie keinerlei Anstalten machten sich zu bewegen.
Nachdem wir einige Fotos der Tiere gemacht und sich auch der Nebel zunehmend gelichtet hatte, machten wir uns auf den Weg unserer geplanten Tour.
Rund um den Lac de Schiessrothried
Hier wurden wir ebenfalls nicht enttäuscht. Die Landschaft ist wunderschön, mit schroffen Felskanten und saftigem grünem Bewuchs, auch oberhalb der Baumgrenze. Der Wanderweg war dann ebenfalls so, wie wir uns einen Wanderweg idealtypisch vorstellen: Übersäht mit Steinen und Wurzeln und zu keiner Zeit besonders ausgetreten. Am Ende unseres Abstiegs, kamen wir schließlich am Lac de Schiessrothried an, der Hälfte unserer Wanderetappe.
Nach einer Umrundung und ein paar Fotos des Sees mit Bergkulisse, machten wir uns wieder an den Aufstieg. Auch hier wieder eine schöne Strecke mit vielen Wasserläufen und kleinen Bächen. An einem der größten haben wir dann Halt gemacht und ein wenig fotografiert.
Als wir uns dem Gipfel näherten, wurde der Weg immer steiler und beschwerlicher, bis wir schließlich wieder die Baumgrenze und dann kurz darauf auch die Spitze des Le Hoheneck, dem dritthöchsten der Vogesen, erreichten. Nach einer kurzen Rast und weiteren Gämsenfotos ging es zurück zum Auto.
Gämsen im Abendlicht
Als wir dort ankamen und alles außer unseren Kameras abgelegt hatten, wartete die nächste Überraschung auf uns. Auf den Wiesen rund um das Auto hatten sich mittlerweile viele Gämsen versammelt. Ich hatte im Vorfeld zwar schon gelesen, dass sie das tun würden, da sich morgens und abends der Wind auf der Kuppe legt. Aber wirklich damit gerechnet, dass sie uns dabei so nahekommen, hatte ich nicht. Wir sind dann so schnell wie möglich los und haben uns zu den Gämsen auf die Wiese begeben. Es war ein großer Spaß sich Ihnen robbend durch das Gras zu nähern.
Vor allem weil die Tiere wirklich völlig tiefenentspannt sind. Selbst wenn sie mal von uns wegtrotteten, kamen sie nach kurzer Zeit von selbst wieder, wenn wir uns nicht mehr bewegt haben. So konnten wir viele Nahaufnahmen machen. Es war wirklich ein schönes Gefühl so nah bei den Tieren zu sein und dabei draußen in der frischen Luft im Gras zu liegen. Das zusammen mit tollen Bildern – was will man mehr?
Spaß auf dem Schneebrett
Als wir nach einiger Zeit die Wiese wieder verließen, wartete noch ein weiteres Highlight auf uns. Auf einem Schneebrett an der Felskante hatten sich einige Gämsen versammelt und tollten herum. Dabei vollführten sie aberwitzige Sprünge und wälzten sich im Schnee. Ein absolutes Spektakel. Nach ca. 20 Minuten war der Spaß aber leider schon wieder vorbei. Aber wie hat es mein Wanderpartner Matthias so treffend ausgedrückt: „Wenn man die Gämsen so beim Rumtollen beobachtet, geht es einem einfach nur gut und man ist zufrieden“. Das trifft es, wie ich finde, sehr gut und ist zusammen mit der Bewegung in freier Natur auch eine der Facetten, die mir an der Tier- und Naturfotografie so gut gefällt.
Den Sonnenuntergang konnten wir an diesem Abend sehr genießen, da das Wetter mitspielte und es zunehmend aufklarte.
Bevor wir zurück zum Auto sind, um unser Abendessen zu machen, haben wir noch mal ein paar Gämsen im Abendlicht fotografiert.
Wanderung Vogesen – Tag 2
Gämsen im Morgenlicht
Nach einigen erstaunlich bequemen Stunden Schlaf im Kofferraum unseres Autos, klingelte der Wecker um kurz nach 5. Draußen war schon ein traumhafter Sonnenaufgang und dazu die umliegenden Wiesen voller Gämsen. Also sind wir schnellstmöglich nach draußen und haben uns wieder zu ihnen ins Gras gelegt.Im Nachhinein bin ich immer wieder erstaunt, welch großen Unterschied es für die Fotos macht, zur richtigen Zeit mit dem richtigen Licht zu fotografieren. Wenn das nur nicht immer so früh oder so spät wäre …
Wanderung nach Col de la Schlucht
Nachdem wir uns wieder fotografisch ausgetobt hatten, standen das Frühstück und die nächste Tour an. Da es nach wie vor feucht war, beschlossen wir auch heute den Sentier des Roches nicht zu gehen und stattdessen über die Kuppe bis nach Col de la Schlucht zu wandern und von dort über einen anderen Weg wieder zurück zum Gipfel des Le Hoheneck zu gehen. Auch diese Wanderung entpuppte sich als landschaftlich höchst attraktiv, wenn auch etwas mehr auf ausgetretenen Pfaden.
Auch auf dieser Wanderung haben wir immer wieder Halt für Fotos von Gämsen gemacht, wo auch die folgenden Fotos unseres tierischen Freundes entstanden sind, der wirklich extrem entspannt war.
Die Pilzfotos entstanden etwas später auf dem Weg nach Col de la Schlucht, als wir ein größeres Waldstück passierten.
Letzter Besuch der Gämsen
Gegen Nachmittag erreichten wir erschöpft aber sehr zufrieden wieder unser Auto. Zum Abschluss konnten wir es uns nicht nehmen lassen und machten noch einen letzten kurzen Abstecher zu den Gämsen. Dabei entstand dieses Panorama. Mit sehr gutem Auge bin ich auch zu erkennen (Tipp: Blau ist der Schlüssel).
Letztlich ging es dann mit tollen Fotos im Gepäck und einigen Kilometern in den Beinen wieder nach Hause.
Mein Fazit der Tour
Landschaftlich wie auch durch die Gämsen waren die Vogesen ein absoluter Traum. Die Landschaft ist schroff, aber nicht zu karg und eignet sich wunderbar zum Wandern. Die Tiere sind wirklich schön und so an Menschen gewöhnt, dass man ihnen auch vergleichsweise nahe kommen kann. Ich kann jedem nur empfehlen die Gegend um Le Hoheneck zu besuchen. Insbesondere für uns aus dem Südwesten Deutschlands ist die Anreise in den nördlichen Teil der Vogesen ein Katzensprung. Für mich wirklich eine super Alternative zu den Alpen!
Mein Fazit zur Fotografie
Habe ich sonst fast alle meine Tierfotos immer nur mit Stativ gemacht, habe ich mich hier durch das Stativ sehr eingeschränkt gefühlt und fast alles aus der Hand fotografiert. Das hat auch erstaunlich gut funktioniert und der Ausschuss war viel geringer als ich erwartet hatte. Auch das manuelle Fokussieren aufgrund des adaptierten 100-400 fiel dank Focus Peeking kaum ins Gewicht, abgesehen von den Situationen, in denen die Gämsen in Bewegung waren. Dafür habe ich dann auf das 70-200mm Pendant gewechselt. Da bin ich mit dem Ausschuss etwas unzufriedener, weswegen ich mich in Zukunft auf jeden Fall noch stärker mit den verschiedenen Fokusmöglichkeiten auseinandersetzen werde.
Trotz des schottischen Wetters war die Tour in den Vogesen ein voller Erfolg samt tierischer Unterhaltung, die ich Wanderern und Fotografen gleichermaßen empfehlen kann.