Heilbronner Weg Oberstdorf 2017

25. Juli 2017

Langsam und mühsam klettern und kämpfen wir uns Stück für Stück weiter. Stürmischer Wind pfeift uns vor allem auf den schmalen Graten um die Ohren. Der Regen peitscht uns pausenlos ins Gesicht. “Wie alt warst du noch mal als du hier das erste Mal gewandert bist?” “So zehn oder zwölf Jahre.” Kollektives Kopfschütteln. ‘Wie kann man so eine anstrengende und anspruchsvolle Tour nur mit einem Kind machen?’, dachte ich mir, bevor ich meine durchnässten Handschuhe wieder an den Fels setzte und weiterkletterte.

Das ist immer das erste was mir in den Sinn kommt, wenn ich an unsere Wanderung zurückdenke. Was nach Himalayaexpedition klingt, war tatsächlich nur der Heilbronner Weg in Oberstdorf im Hochsommer. Leider mit richtig bescheidenem Wetter.

Länge der Tour: 2 Tage | Datum: 23.-24.07.2017 | Art der Tour: Eine Richtung (Rundwanderung möglich) | Übernachtung: Hütte | Gelände: Alpin | Ort: Oberstdorf, Allgäu, Deutschland | Bergspitzen: Bockkarkopf (2.608 m), Hohes Licht (2.651 m)

Aufstieg zum Heilbronner Weg in Oberstdorf
Der Blick nach oben verheißt nichts Gutes
Straße mit Häusern im Tal in Oberstdorf
Auf dem Weg zur Rappenseehütte

Der Aufstieg

Schon am ersten Tag zeichnete sich ab, dass es nicht das beste Wetter werden würde. Beim Aufstieg zur Rappenseehütte wurde es immer kühler und diesiger. Während des Weges gab es zwar immer mal kurze Momente, in denen die Sicht etwas besser war, aber klaren Blick ins Tal gab es leider nie.

Waldweg mit Bachlauf
Durch den Wald zur Rappenseehütte
Eingang zur Petersalp
Petersalp
Bergwiese mit lilanen Blumen im Nebel
Bergwiese im Nebel

Rappenseehütte

Als wir schließlich an der Rappenseehütte ankamen, war auch dort kaum etwas von der Landschaft zu erkennen. Nach dem “Check-In” machten wir uns noch mal auf den Weg, um den kleinen Rappensee zu erkunden. Auf dem Weg entdeckten wir dann auch noch ein Murmeltier, dass sich als sehr vertrauensselig zeigte – oder naiv, wie man’s nimmt 😉

Steinmauer mit Wegmarkierung
Wegmarkierung
Wollgrass am kleinen Rappensee
Wollgras
Murmeltier im Gras in den Alpen
Murmeltier

Zurück an der Hütte zeigte sich das Wetter nach wie vor nicht besonders einladend, sodass wir den Tag mit einem guten Abendessen beschlossen und ich mir den Wecker für den Sonnenaufgang stellte.

Tag 2 – Heilbronner Weg

Am nächsten Morgen zeigte sich das Wetter dann doch von seiner freundlicheren Seite und wir hatten einen guten Blick ins Tal auf die Nebelschwaden, die langsam immer weiter aufstiegen.

Nebelschwaden im Morgengrauen an der Rappenseehütte
Nebelschwaden im Morgengrauen an der Rappenseehütte
Bergwiese mit Blick auf das Tal hinter Oberstdorf
Bergwiese an der Rappenseehütte

Bis wir dann jedoch die Hütte für den eigentlichen Heilbronner Weg verließen, zog es wieder zu und der Regen setzte ein. Innerhalb kurzer Zeit steigerte er sich so weit, dass das Wasser in kleinen Wasserfällen die Steilwände um uns herum hinabfloß. Hatte ich mit meinen neuen wasserabweisenden Handschuhen (Ergo Grip Active 5-finger von Hestra) noch gedacht, dass ich mit einigermaßen trockenen Händen durch den Tag kommen würde, stellte sich dieser Gedanke schnell als Wunschtraum heraus. Der ganze Fels war mittlerweile nass und immer wieder griff ich in kleine Rinnsale, sodass das Leder nach und nach immer nasser wurde. Immerhin boten sie weiterhin guten Halt am scharfkantigen Fels. Insgesamt hatte ich mir das mit den Handschuhen aber anders vorgestellt.

Abstieg vom Heilbronner Weg zum Waltenberger Haus
Jetzt war die Laune wieder besser

Nach und nach kämpften wir uns den Weg entlang und die Stimmung sank aufgrund der unveränderten Wetterlage deutlich. Bevor wir uns an den Anstieg zum Bockkarkopf machten, überlegten wir schon, ob es nicht sinnvoller wäre abzusteigen. Das Wetter und die fehlende Aussicht machten wenig Spaß und wir kamen durch den nassen Fels nur mäßig voran, sodass wir unsicher wurden, ob wir es noch am hellen Tag zum Ziel der heutigen Etappe, der Kemptner Hütte, schaffen würden. Wir entschlossen uns fürs Erste weiterzugehen. Nachdem wir mühsam den Bockkarkopf überquert hatten, entschieden wir uns schließlich die Tour doch abzubrechen. Wir waren an der Stelle angekommen, wo die letzte Chance zum Abstieg vor der Kemptner Hütte bestand und wollten kein Risiko eingehen. Nach einer guten Stunde erreichten wir ziemlich nass und erschöpft das Waltenberger Haus.

Weg zum Waltenberger Haus auf dem Heilbronner Weg
Abstieg von der Bockkarscharte zum Waltenberger Haus

Nach der Ankunft in der Hütte und einem vollständigen Kleidungswechsel konnten wir uns vom hervorragenden Essen im tollen Schankraum des Waltenberger Hauses überzeugen (nepalesische Spezialitäten, Kaiserschmarrn und Penne Arrabiata nach dem Rezept der italienischen Großmutter der Frau des Hüttenwirts). Die frisch renovierte Hütte war toll ausgestattet. Durch die großen Panoramafenster im Schankraum hatte man einen tollen Ausblick (soweit es der Nebel zuließ) auf die umliegenden steil abfallenden Felswände.

Der Abstieg

Schlimmer kann es kaum kommen? Das dachten wir auch… Als wir schließlich zurück Richtung Auto wollten, stellte sich heraus, dass uns eine Regenjacke fehlte. Schnell wurde uns klar, dass eine Schulklasse sie vertauscht haben musste – die bereites vor etwa 45 Minuten die Hütte verlassen hatte. Wie holt man nun 45 Minuten auf einem 2,5 stündigen Abstieg auf? Ganz klar: Speed Hiking. In immer wechselndem Tempo, teils dem rutschigen Fels und teils unserer nachlassenden Kondition geschuldet, ging es zügig den Berg hinab. Ich muss sagen, dass es trotz der Anstrengung der coolste Teil der Tour war, da die sportliche Herausforderung für mich eine große Motivation war.

Grüne Wiese und Berghänge bei blauem Himmel
Als ob nichts gewesen wäre…

Weniger als fünf Minuten vor dem Ziel des Abstiegs, Einödsbach, erreichten wir die Klasse schließlich – was für ein Timing. Und wer hatte die Jacke aus Versehen eingepackt? Natürlich keiner der Schüler, sondern der Sportlehrer selbst. Nach einigen Entschuldigungen schlenderten wir frohen Mutes gemütlich bis zum Ende des Abstiegs und gönnten uns in Einödsbach zur Belohnung noch einen guten Schluck des herrlichen Obstlers von Prinz (Alter Bodenseeapfel, sehr zu empfehlen). Als wir schließlich am Parkplatz ankamen, konnten wir es kaum glauben – die Sonne kam heraus, wir hatten strahlend blauen Himmel und auch oben am Berg sah es deutlich freundlicher aus. Spätestens hier war klar, dass das nicht der letzte Versuch für den Heilbronner Weg bleiben würde. Das nächste Mal dann aber hoffentlich mit gutem Wetter 🙂 

Fazit der Tour

Was soll ich sagen? Mir ist nach wie vor schleierhaft wie man diese Tour mit einem Zehn- bis Zwölfjährigen gehen kann bzw. wie er das auch freiwillig mitmacht. Vermutlich ist die Tour bei schönem Wetter ganz anders, aber in diesem Regen war es eine richtige Strapaze und aufgrund der fehlenden Sicht auch nicht besonders spektakulär. Ich würde auf keinen Fall so weit gehen, dass es sich nicht gelohnt hat, da spätestens der Abstieg im Schnelldurchgang eine witzige (und zum Glück auch erfolgreiche) Erfahrung war. Und letztlich erinnert man sich an die Touren, auf denen etwas schiefläuft, oft länger als an die, bei denen alles glattgeht. Und letztlich lässt es einen auch immer wieder demütig werden, da das Wetter im alpinen Bereich eben unberechenbar sein kann und auch nicht unterschätzt werden sollte. Ich hoffe nur einfach ganz egoistisch, dass wir das nächste Mal zumindest etwas mehr Sonnenschein haben, wenn wir wieder dort oben sind 🙂